Impfung des Kindes und das gemeinsame Sorgerecht

Geschrieben von RA Christian Grema am Mittwoch, 02.03.2016

Eine Schutzimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Masern und Pneumokokken ist eine „Angelegenheit des täglichen Lebens“ und bedarf nicht der Zustimmung des anderen Elternteils. Anders verhält es sich hingegen bei der Entscheidung, das Kind nicht impfen zu lassen.

Üben die Eltern auch nach einer Trennung das Sorgerecht gemeinsam aus, können Entscheidungen, die für das Kind erheblich sind, auch nur von beiden gemeinsam getroffen werden. Anders als bei Angelegenheiten des täglichen Lebens, welche regelmäßig von dem Elternteil alleine getroffen werden, bei welchem das Kind seinen regelmäßigen Aufenthalt hat, können erhebliche Entscheidungen nur einvernehmlich getroffen werden. Kein Elternteil hat hier Vorrang, kein Elternteil kann den anderen einfach „überstimmen“.

Können sich die Eltern partout nicht einigen, kann ein Elternteil gerichtlich erwirken, dass ihm diesbezüglich die Alleinentscheidungsbefugnis übertragen wird (§ 1628 BGB). Diese Übertragung gilt jedoch nur isoliert für die in Frage stehende Entscheidung und ändert nichts am Fortbestand des gemeinsamen Sorgerechts.

Zu den erheblichen Entscheidungen gehören regelmäßig auch medizinische Eingriffe, bei denen Komplikation oder nur schwer korrigierbare Konsequenzen zu befürchten sind.

Die Entscheidung, bei dem Kind eine Schutzimpfung durchführen zu lassen, gehört nach der Ansicht des Familiengerichts allerdings nicht hierzu. Dies gelte umso mehr, als eine solche Impfung als Teil der U-Vorsorgeuntersuchung generell empfohlen und auch vom weit überwiegenden Teil der Bevölkerung vorgenommen werde.

Konsequenter Weise sah das Gericht auch keinen Bedarf, der antragstellenden Mutter, die alleinige Entscheidungsbefugnis für diese Angelegenheit zu übertragen, da Sie diese ohnehin auch alleine und ohne Rücksprache mit dem ebenfalls sorgeberechtigten Kindesvater treffen konnte.

Wichtig: Anders sei die Entscheidung eines Elternteils zu beurteilen, das Kind nicht impfen zu lassen: Die Folgen des Nichtimpfens seien ggf. so gravierend, dass dieser Entscheidung erhebliche Bedeutung beigemessen werden könne mit der Folge, dass die Zustimmung des anderen Elternteils hierzu erforderlich ist.

(Quelle: AG Darmstadt, Beschluss vom 11.6.2015, Az.: 50 F 39/15 SO)
Stichworte: Familienrecht , Sorgerecht, Impfung
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