Autokauf: Verkäufer muss Unfallschaden offenbaren

Geschrieben von RA Christian Grema am Montag, 06.07.2015

Verkäufer muss auch "Bagatellschäden" von sich aus offenbaren

Will sich ein Verkäufer nicht dem Vorwurf der arglistigen Täuschung (durch Unterlassen) aussetzen, muss er den Käufer / Interessenten auch ungefragt über einen Vorhandenen Unfallschaden informieren. Das gilt sowohl für Schäden, die ihm bekannt sind wie auf für solche Schäden, mit denen er rechnen musste (vgl. auch: Behauptung ins Blaue hinein). Eine Ausnahme gilt nur für Beschädigungen, die so geringfügig sind, dass sie bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss des Interessenten nicht beeinflussen können. Diese Schwelle ist allenfalls bei geringfügigen Lackschäden noch nicht, bei Blechschäden in jedem Fall aber überschritten - auch dann wenn der Reparaturaufwand gering war. Die "Bagatellgrenze" ist dabei recht eng zu ziehen, sodass grundsätzlich dazu zu raten ist, möglichst offen mit Vorbeschädigungen umzugehen.

Käufer muss selbst entscheiden können, was für ihn erheblich ist

Dies gilt erst recht und in gesteigerter Form für den Fall, dass der Käufer ausdrücklich nach vorhandenen Beschädigungen fragt. Das Gericht führt hierzu aus, dass es keinesfalls dem  Ermessen Verkäufers (oder seines Vertreters) überlassen bleiben darf, ob der erlittene Schaden als unerheblich und für den Käufer nicht wesentlich zu erachten ist. Diese Entscheidung muss dem Käufer selbst überlassen bleiben. Wurde der Verkäufer ausdrücklich gefragt, hat er genaue Auskunft über das Maß des Unfallschadens und die zur Instandsetzung erforderlichen Arbeiten zu erteilen. Er darf vor allem den Unfall und den Schadens nicht bagatellisieren.

Folgen der Arglist: Anfechtungsrecht und Gewährleistungsansprüche

Kommt ein Verkäufer seiner Verpflichtung nicht nach und ist ihm aus diesem Grund der Vorwurf des arglistigen Handelns zu machen, kann dies erhebliche Auswirkungen auf den Kaufvertrag haben. Als wichtigste Folge ist zunächst die verlängerte Anfechtungsmöglichkeit für den Käufer zu nennen: Gilt für die Anfechtung aufgrund eines Irrtums im Regel eine Anfechtungsfrist von maximal 14 Tagen ab der Kenntnis hiervon ("unverzüglich" - § 121 BGB), beträgt diese im Falle der Arglist bereits 1 Jahr ab der Kenntnis von der Täuschungshandlung (§ 124 BGB). Der Käufer kann damit im Zweifelsfall den gesamten Kaufvertrag auch noch lange nach dessen Abschluss rückgängig machen.

Darüber hinaus - und dies ist gerade beim Gebrauchtwagenhandel und bei Privatverkäufen von Bedeutung - kann sich der Verkäufer in diesem Fall nicht auf eine zeitliche Verkürzung oder den Ausschluss der Gewährleistungsansprüche des Käufers berufen (§ 444 BGB). Der ansonsten zulässige Gewährleistungsausschluss unter Privatleuten kann damit nachträglich zu einer teuren Angelegenheit für den Verkäufer werden.

(Quelle: OLG Braunschweig, Urteil vom 14.01.2015, Az.: 8 U 163/13)
Stichworte: Vertragsrecht , Autokauf, Unfallschaden, Arglist
Go to top